Ein Urgestein der Hörgeräte-Industrie: Andy Rihs (1943-2018)

Ein Porträt-Foto von Andy Rihs wäre normal und angemessen gewesen. Wir haben aber entschieden, dass seine außergewöhnliche Persönlichkeit am besten mit diesem Bild wiedergegeben werden kann. Viele jüngere Mitglieder unserer Branche haben das Urgestein der Schweizer Hörgeräteindustrie ja nie kennengelernt, vielleicht noch nicht einmal von ihm gehört. 

Veröffentlicht am 22 Mai 2018

Ein Urgestein der Hörgeräte-Industrie: Andy Rihs (1943-2018)

Er war nicht der Gründer der Phonak AG, 1947 war er ja erst vier Jahre alt. Aber er war derjenige, der das Unternehmen 1966 nach dem Tod seines Vaters zusammen mit seinem Bruder Hans-Ueli Rihs im Alter von nur 19 Jahren geerbt und auf den Weg zur Weltspitze gebracht hat, woran auch der Chef-Entwickler Beda Diethelm, heute 76, einen großen Anteil hatte. Bis ins Jahr 2000 führte er die heutige Sonova AG, von 1992 bis 2011 auch als Präsident des Verwaltungsrats.

Seine Lebensleistung und sein Unternehmergeist waren enorm. Er war neben seiner Haupttätigkeit bei Phonak auch Teilhaber einer Zeitung, Sponsor des Phonak Veloteams, des BMC Racing Teams und des Fußballclubs Young Boys Bern, er kaufte 2001 den Fahrradhersteller BMC, entwickelte E-Bikes und Rennräder und exportierte letztere erfolgreich in alle Welt. Er finanzierte öffentliche Gebäude in Stäfa und betrieb eine Rinderfarm in den USA, ein Weingut in der Provence und ein zweites in Neuseeland. Einiges davon war geerbt, aber er verstand es auch, sein Vermögen zu vergrößern und zu den 100 reichsten Schweizern aufzusteigen. Dass er auch Fehler gemacht und sich damit einigen Ärger eingehandelt hat, soll nicht verschwiegen werden. So wurde 2011 wegen des Verdachts auf verbotenen Insiderhandel gegen ihn  ermittelt, ebenso wie gegen acht weitere Manager des Konzerns, ein Verfahren, dass ein Jahr später aber eingestellt wurde. Und es gab Misserfolge, wie der Doping-Skandal seines Veloteams, der ihm schwer zugesetzt hatte.

Wer Andy Rihs kannte, war von seiner Vitalität, Leidenschaftlichkeit und Gastfreundschaft beeindruckt. Er war ein großer Motivator seiner Mitarbeiter, mit denen er die Erfolge des Unternehmens gemeinsam feierte, die er duzte und ermunternd auf die Schulter klopfte. Morgens kam er in die Firma in Jeans und schwarzem T-Shirt. Sein grauer Vollbart und die langen Locken, die ihm in den Nacken fielen und seine bärenhafte Statur machten ihn zu einer imposanten Erscheinung. Der kräftige Mann, der Sport trieb, allen unverwüstlich schien und noch so viele Pläne hatte, fiel Ende April 2018 mit 75 Jahren der Leukämie zum Opfer. Er wird uns als großer Unternehmer der Hörgeräteindustrie in Erinnerung bleiben.