Abschied vom Grandseigneur der Hörgeräteindustrie

Der letzte große Gründer-Unternehmer aus den Anfangsjahren der Hörgeräteindustrie ist von uns gegangen. Erik Westermann (1923-2017) kam 1949 als Verkaufsleiter zu der dänischen Großhandelsfirma für Hörgeräte, der American Danish Oticon A/S, wo er auch seinen späteren Freund und Mitgründer, Christian Tøpholm, kennenlernte.

Veröffentlicht am 09 November 2017

Abschied vom Grandseigneur der Hörgeräteindustrie

Mit ihm zusammen entwickelte er den Wunsch, eigene Hörgeräte herzustellen und zu vertreiben. So gründeten die beiden Freunde am 8. Juni 1956 in Værløse bei Kopenhagen die Firma Widex. Im Keller des Wohnhauses von Christian Tøpholm, wo sie fast ohne Eigenkapital die ersten Hörgeräte produzierten, wurde der Grundstein für ein Unternehmen gelegt, das einer der weltweit führenden Hörgeräte-Produzenten wurde. Zusammen bildeten sie ein ideales Team:  Christian Tøpholm war ein versierter Hörgerätefachmann und begabter Ingenieur, nebenbei auch ein talentierter Werkzeugmacher.

Und Erik Westermann war der erste, der in Amerika europäische Hörgeräte verkaufte und darüber hinaus Geschäftskontakte zu Hörmittelhändlern in 45 Ländern unterhielt. Er reiste gern, sprach fünf Sprachen und hatte einen ausgeprägten Geschäftssinn. Die Chemie zwischen den Freunden stimmte, sie waren beide überzeugte Eigentümer-Unternehmer und sich immer schnell einig, so bei der Entscheidung, nur mit Eigenkapital zu arbeiten, die Taschengeräte mit Transistoren zu bestücken und die Gehäuse aus eloxiertem Aluminium anzufertigen, womit das Design zum ersten Mal in der Hörgeräteindustrie ein besonderes Gewicht bekam. Die Geräte sollten auch äußerlich besser sein als andere.

Erik Westermanns Leben kannte nicht nur sonnige Tage. Als aktives Mitglied des dänischen Widerstands während des Zweiten Weltkriegs wurde er von den Deutschen gefangen genommen und ins Konzentrationslager gebracht. Eine weitere Tragödie traf ihn 1985, als Christian Tøpholm bei einem Autounfall ums Leben kam. Trotz dieser Erfahrungen hatte sich Erik Westermann seine positive Sicht auf das Leben bewahrt. Seine Gastfreundschaft und höflichen Umgangsformen, seine Bescheidenheit und Fairness und nicht zuletzt sein feiner Sinn für Humor hatten ihn zu einem geschätzten Freund und Kollegen in der Hörgeräteindustrie gemacht, der noch bis vor wenigen Wochen für sein Lebenswerk und die Branche tätig war. Wir trauern um Erik Westerman, einem großen Unternehmer und Branchenpionier. Er hinterließ eine Frau, drei Söhne und fünf Enkelkinder.