Next Generation Hearing: Babyboomer auf Hörgerätekurs

Babyboomer: Die relevanteste Kundengruppe von heute und morgen. Lesen Sie hier den ersten Beitrag unserer sechsteiligen Reihe: „Next Generation Hearing: Babyboomer auf Hörgerätekurs“. In dieser und in folgenden Ausgaben nehmen wir den Babyboomer-Kunden genauer unter die Lupe und geben Ihnen einen Überblick über aktuelle Studienergebnisse sowie direkte Eindrücke von Kunden des Online-Hörakustikers audibene.

Veröffentlicht am 12 März 2019

Next Generation Hearing: Babyboomer auf Hörgerätekurs

Helmut hat Geburtstag. Er feiert im Garten, die Kinder laufen herum, die Erwachsenen unterhalten sich über das Wetter, den Beruf und die aktuelle Fußballpleite. Helmut hat Mühe im Stimmengewirr durchzublicken und verlegt sich auf das Grillen. Seine dreijährige Enkelin darf Würstchen wenden und plappert etwas, er nickt und sagt „aha“ und „na sowas“. Abends schaut er mit seiner Frau den „Tatort“, aber Helmut mag sich nicht mehr auf den Fernseher konzentrieren und surft auf dem Tablet nach Hotels für den geplanten Toskana-Urlaub. Er seufzt. Das Wochenende war anstrengend und morgen muss er schon wieder früh raus zu einem Kundentermin in Süddeutschland.

Deutschlands „dicke Mitte“
Helmut ist ein typischer Babyboomer. So wie ihm geht es heute vielen „jungen Alten“ ab 50. Eingespannt zwischen Job, Familie und Freizeit-Verpflichtungen fällt der Alltag zunehmend schwer, weil das Gehör oft unbemerkt nachlässt. Der Begriff „Babyboomer“ bezeichnet die Nachkriegsgeneration, die zwischen 1949 und 1967 geboren wurde. Diese Jahrgänge zeichnen sich durch eine auffallend hohe Geburtenrate, eben einen wahren „Baby Boom“ aus, dem die Babyboomer ihren Namen verdanken. Ein ähnliches Phänomen lässt sich in vielen anderen Ländern beobachten. In den USA, wo der Geburten-Boom bereits einige Jahre früher begann, sind die Babyboomer heute beispielsweise sogar 80 Millionen stark und stellen damit rund ein Viertel der US-Gesamtbevölkerung dar. In Deutschland sind rund 41% der Deutschen älter als 50 Jahre und damit die „dicke Mitte“ in der Bevölkerungsstruktur.

5 vDas „dicke Ende“ kommt erst noch
Künftig wird sich die Bevölkerungsstruktur noch weiter zugunsten der „jungen Alten“ verschieben, da die Generation der heutigen Alten schrumpft und weniger Jüngere auf die Babyboomer folgen.

Schon heute sind Babyboomer ab 50 immer häufiger in Hörakustik-Fachgeschäften zu sehen. In den kommenden 15 Jahren verstärkt sich dieser Trend erheblich, Babyboomer sichern langfristig die Nachfrage in der Hörakustik-Branche und werden den zukünftigen Markt stark treiben – vorausgesetzt, wir berücksichtigen sie schon heute entsprechend. Besonders der deutsche Markt ist von größter Bedeutung, denn der prozentuale Anteil der Babyboomer an der Gesamtbevölkerung ist hier bei den Männern ab 50 deutlich höher als im EU-Durchschnitt.

Die Generation der Babyboomer (orangene Markierung) macht schon heute den Großteil der über 50-jährigen Deutschen aus – und der prozentuale Anteil wird weiter steigen. Quelle: Statistisches Bundesamt.

Die „jungen“ Alten 
Helmut und seine Altersgenossen sind in relativem Wohlstand aufgewachsen, in der Zeit des Wirtschaftswunders, in der Wasserklosett, Waschmaschinen, Farbfernseher und schließlich Computer in die Haushalte einzogen und die Mondlandung und große politische Themen wie Emanzipation und Atomkraft über die neu gekauften Mattscheiben flimmerten. Die Generation Babyboomer dominiert alle Bereiche des öffentlichen Lebens: Politiker, Künstler, Schauspieler und Persönlichkeiten über 50 sind allgegenwärtig. Sie haben oft ihr Leben lang gearbeitet und sind stolz auf das, was sie erreicht haben. Sie widmen sich aktiv Hobbys, Freunden und Familie. Sie sind zielstrebig, selbstbewusst und anspruchsvoll.

Für Hörakustik-Fachgeschäfte bedeutet dies, dass sie sich auf einen völlig neuen Kundentyp einstellen dürfen. Babyboomer informieren sich sorgfältig und sind offen für neue Technologien und Ansätze, in der Praxis aber oft „schwierigere“, weil wählerische Kunden. Einmal überzeugt sind sie jedoch auch bereit und in der Lage, mehr Geld für ihre Gesundheit und ihr persönliches Wohlbefinden auszugeben.

Martina Lenze-Weitz, Inhaberin und Hörakustikmeisterin von Optik & Akustik Quellenberg in Iserlohn

Die Babyboomer und ihre Eltern
Damit sind die Babyboomer das genaue Gegenteil ihrer Elterngeneration. Die Kriegs- bzw. Vorkriegsgeneration der bis 1949 Geborenen („Swing-Generation“) gilt als die Generation, die sich von den Babyboomern am stärksten abgrenzt. Neben einem höheren Bildungsniveau und einem besseren Gesundheitszustand der Babyboomer-Generation, erkennen Studien vor allem im Konsum- und Kaufverhalten und bei der Einstellung zum Altern gravierende Unterschiede. Umso wichtiger für ein umfassendes Bild der neuen Kundengeneration ist es daher, sich die grundlegenden Unterschiede klarzumachen.

Geprägt durch ein Aufwachsen in Zeiten von Not und Knappheit gilt die Swing-Generation als spartanisch, sparsam und preissensitiv. Einkaufen stellt eher ein notwendiges Übel als ein Freizeitvergnügen dar. Der Fokus liegt auf Vermögenserhalt und Vererben.
Diese Haltung spiegelt sich im Kauf- und Konsumverhalten wider: Vertreter der Swing-Generation gelten als ruhiger, höflicher, konservativer bei teuren Produkten und haben weniger Interesse an technischen Besonderheiten. Sie fordern weniger, sondern bevorzugen eine „schöne und gemütliche“ Atmosphäre und versuchen eher, sich zu arrangieren. In der Regel ist die Generation 70+ im Ruhestand, ihr Leben spielt sich hauptsächlich in den eigenen vier Wänden ab und die sozialen Kontakte beschränken sich auf die Familie und Nachbarn. Entsprechend sind auch die Ansprüche an ein Hörsystem im Schnitt überschaubarer.

Eine zu große Produktauswahl kann die weniger souveräne Swing-Generation sogar überfordern und sie vor Entscheidungsschwierigkeiten stellen. Ganz anders verhalten sich die Babyboomer, die in ihren Lebens- und Konsumbedürfnissen wesentlich anspruchsvoller und durchaus auch wählerischer sind. Aufgewachsen im wirtschaftlichen Aufschwung der Nachkriegsjahre, sind die Babyboomer von den gesellschaftskritischen Bewegungen der 60er Jahre geprägt und politisch interessiert, kritischer und individualistischer. Sie sind deutlich konsumorientierter, fordernder und zeichnen sich durch Marken- und Qualitätsbewusstsein aus.

Der zweite große Generationen-Unterschied zeigt sich im Umgang mit dem Alter. Während die Swing-Generation den Alterungsprozess weitgehend passiv hinnimmt, streben die Babyboomer danach, ihr Alter aktiv zu gestalten und lange jugendlich zu bleiben. Nichts wollen die Babyboomer weniger, als als Senioren-Generation behandelt zu werden. Daher rührt jedoch oft die Angst, mit einem Hörsystem zum „alten Eisen“ zu gehören. Grundsätzlich investiert diese Generation jedoch viel in ihre Gesundheit, treibt Sport, ist offen für alternative Therapien und setzt auf hochwertige Gesundheitstechnik.

Holger Leonhardt, Inhaber und Hörakustikmeister von Leonhardt Akustik in Sindelfingen 

Neue Kunden, neue Chancen
In der Tat sind die Babyboomer keine „einfache“ Kundengruppe, gerade im Vergleich zur Swing-Generation. Sie haben genaue Vorstellungen davon, was sie möchten und informieren sich zusätzlich oft online über Hörsysteme und Trends. Davon profitiert die ganze Branche: Über Informationsangebote im Netz berät audibene schon heute die Kunden von morgen, entkräftet Vorurteile gegenüber Hörgeräten und bringt die neue Generation von Schwerhörigen im Durchschnitt 10 Jahre früher dazu, den Gang zum Akustiker zu wagen. Und die Ausdauer wird belohnt: Babyboomer sind sehr vielseitige Kunden mit ganz unterschiedlichen Ansprüchen an ihr Hörgerät und seine Funktionen. Sie können und wollen moderne Hörsystemen mit allen ihren Möglichkeiten nutzen und sind dafür gern bereit, auch etwas tiefer in die Tasche zu greifen – zumal das erste Hörgerät dieser vergleichsweise „jungen Alten“ in der Regel nicht das letzte sein wird.

Die Experten sind sich einig: Im Vergleich zur Vorgänger-Generation unterscheiden sich Babyboomer stark bezüglich ihres Lebensstils und stellen besondere Bedürfnisse an Qualität und ihren Konsum.

Erfahren Sie in der nächsten Ausgabe, wie Babyboomer ticken und wie Sie als Hörakustiker auf die Bedürfnisse dieser spannenden Kundengruppe eingehen können.

Über den Autor
Jonas Boland, Global Head of B2B bei audibene, hat den Online-Hörakustiker 2012 mit ins Leben gerufen und steht täglich mit audibene Partnern im Austausch, um gemeinsam noch erfolgreicher zu werden.

Quellenverzeichnis 
1.Die audibene Babyboomer Studie. audibene GmbH, 2018.
2.Introducing Boomers. Marketing‘s most valuable generation. The Nielsen Company & BoomAgers LLC, 2012.
3.Fit für den demografischen Wandel? Ergebnisse, In- strumente, Ansätze guter Praxis. Zölch et al.: Haupt Verlag, Bern – Stuttgart – Wien, 2009. 
4.Die BabyBoomer. Aus der Studienreihe der Aduno-Gruppe. Aduno-Gruppe in Zusammenarbeit mit gfs-zürich, Markt- & Sozialforschung. 
5.Ohne das Geld der Alten ist der Wohlstand in Gefahr. Eckert, Daniel in Die Welt, 02.04.2015. 
6.What‘s your 50+ Strategy? A New Investment Theme. Jody Holtzman, Senior Vice President, Thought Leadership, American Association of Retired Persons (AARP).

Hier finden Sie die Serie als PDF: „Next Generation Hearing: Babyboomer auf Hörgerätekurs – Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5 & Teil 6

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