Christian Honsig über die geplante Fusion der Sivantos Gruppe und Widex

Die Nachricht, dass die Sivantos Gruppe und Widex vorhaben, zu fusionieren, hat die allermeisten kalt erwischt. Noch am selben Tag hatten wir die Gelegenheit, dem Geschäftsführer der Sivantos GmbH, Christian Honsig, zu dieser Elefantenhochzeit zu befragen. 

Veröffentlicht am 18 Mai 2018

Christian Honsig über die geplante Fusion der Sivantos Gruppe und Widex

Herr Honsig, am 16. Mai wurde bekanntgegeben, dass die Sivantos Gruppe und Widex planen, zu fusionieren. Was versprechen sie sich aus der Sivantos- bzw. Signia-Perspektive von dieser Fusion?
Sehr viel. Was mit der Fusion entsteht, ist ein Technologie-Primus, eine extrem starke Nummer 3 am Markt mit unglaublich viel Know-how, Erfahrung und Expertise – mit einer klaren Ausrichtung in der Hörgeräte-Branche. Darüber hinaus sehen wir so einmal mehr, dass EQT sein Versprechen einlöst und als ein Partner und Investor auftritt, der die Entwicklung des Geschäfts im Sinn hat und nicht Sparmaßnahmen. Es geht ihnen also weiterhin darum, dass sich die Unternehmen, in die sie investiert haben, gesund und stark entwickeln. In dieser Konstellation nach vorne zu schauen, macht viel Freude.

Inwieweit ergänzen sich Signia und Widex?
Wir sind beide Premium-Anbieter, wir sind beide in puncto Innovationen gut aufgestellt und wir setzen uns mit Zukunftsthemen auseinander. Wir müssen uns also nicht gegenseitig erklären, was wir tun. Sicher werden einige sagen, dass es viele Überschneidungen gibt, aber das ist in meinen Augen auch gut so. Wie dann die vorhandenen Markenprofile und Strukturen, die beide Unternehmen mitbringen, zusammenkommen, das kann man heute noch nicht sagen. Dafür ist es noch zu früh. Aber hier kommen zwei gesunde Unternehmen zusammen, die jeweils nicht die Hilfe des anderen brauchen, sondern die sagen: Wir wollen zusammen etwas erreichen. Wir werden also unsere Stärken bündeln. Wenn man sich das genauer betrachtet, erkennt man bereits jetzt, was daraus erwachsen kann. Schließlich hat jeder seine Stärken und seine Identität – und die wollen wir auch beibehalten.

Sie haben es eben gesagt: Sie sind beide Premium-Anbieter. Wird es also darauf hinauslaufen, dass es unter einem gemeinsamen Dach zwei Premium-Marken geben wird?
Was in drei oder fünf Jahren  sein wird, weiß heute noch keiner. Fakt ist: Heute sind beide starke Player in unterschiedlichen Märkten. So wird eine Frage, die wir uns stellen, sicherlich die sein, wie wir Unternehmen in 125 Ländern koordinieren. Wie koordinieren wir die einzelnen Strukturen – bis hin zu den Themen in den Fachabteilungen? Ist das geschehen, können wir uns Gedanken über die nächsten Schritte machen und über Organisationen nachdenken.

Es ist also noch nicht absehbar, wann Signia und Widex im Ganzen auf einem Nenner sein werden?
Nein. Zunächst geht es ohnehin darum, das Go  der Wettbewerbsbehörden zu bekommen. Das ist, im Idealfall, bis Anfang kommenden Jahres geklärt. Und dann werden wir uns in den einzelnen Bereichen zusammensetzen und schauen, was möglich ist. Geht es um Entwicklungszyklen, sind in beiden Unternehmen die Dinge natürlich für sich schon weit fortgeschritten. In diesem Punkt müsste man schon zwei, drei Jahre in die Zukunft blicken. Was spannend sein wird, ist die Frage, welche Chancen sich durch die Fusion in der Entwicklung eröffnen. Ich hoffe, wir kommen so in die Situation, nicht mehr entscheiden zu müssen, ob wir in der Entwicklung das eine oder das andere Thema angehen, sondern uns nur noch fragen, wer das eine machen wird und wer das andere.

In der Pressemitteilung zur Bekanntgabe der Fusionspläne wurde bereits kommuniziert, dass das Budget für Forschung und Entwicklung bei über 100 Millionen Euro liegen wird. Wie wird dieses Budget genutzt werden? Zumal ja beiden Unternehmen ihre F&E-Standorte erhalten bleiben sollen …
Zunächst wird jedes Unternehmen weiter seine Roadmap abarbeiten. Aber Fakt ist natürlich auch, dass wir bald viel mehr Möglichkeiten haben, weil wir mit einem viel größeren Entwicklungsteam arbeiten – und zwar nicht nebeneinander her, sondern zusammen. Und wo es Überlappungen gibt, können wir Ressourcen freischaufeln, um andere Themen anzugehen.

Fällt Ihnen da schon etwas Konkretes ein?
Ein Beispiel: Wie gehen wir künftig mit dem Thema OTC um? Wenn wir uns anschauen, wie tief wir im Thema Hörgeräte, Medizinprodukte stecken sieht man auch, wie groß hier der Aufwand ist. Das hat bisher dazu geführt, dass das Thema OTC hinten runtergefallen ist. Nur denke ich, dass gerade dieses Thema uns künftig noch deutlich mehr beschäftigen wird.

Sagen Sie das auch mit dem Blick auf den deutschen Markt? Oder sprechen Sie hier aus der globalen Perspektive?
Das ist aus der globalen Perspektive gesprochen. Allerdings würde ich es, ehrlich gesagt, für naiv halten, wenn man sich nicht die Frage stellt, ob das Thema früher oder später auch ein deutsches werden könnte.

In der Kommunikation zu der Fusion wird sehr viel Wert darauf gelegt, dass hier zwei Unternehmen auf Augenhöhe zusammenkommen. Umsatztechnisch aber liegt die Sivantos Gruppe deutlich vor Widex …
Das möchte ich ethisch beantworten. So wäre es in meinen Augen schlicht arrogant, anzunehmen, dass man, nur weil man größer ist, in allen Dingen auch besser ist. Sicherlich sind auf der einen Seite mehr Mitarbeiter beschäftigt als auf der anderen. Der Umsatz ist hier ebenfalls größer als da. Die Schwungmasse liegt daher schon bei uns. Nur sollten wir nicht den Fehler begehen, die Möglichkeiten, die sich ergeben, auszublenden, nur weil wir glauben, dass das, was wir tun, das Richtige ist. Schließlich soll sich das bessere Konzept durchsetzen. Und darum ist es wichtig, dass sich beide Seiten auf Augenhöhe und mit offenem Visier begegnen.

Gibt es etwas, das sich für Ihre und die Kunden von Widex schon jetzt ändern wird?
Nein. Bis zur Entscheidung der Regulierungsbehörden sind wir zwei unabhängige Wettbewerber. Ist die Entscheidung gefallen, werden wir uns natürlich zusammensetzen und schauen, wie wir unseren Kunden den besten Auftritt, die beste Leistung und den besten Service bieten können. Klar ist außerdem: Beide Unternehmen haben den erklärten Willen, mit dem qualifizierten Fachhandel zusammenzuarbeiten. Wir sind beide nicht bei den großen Filialisten gelistet, wir sind beide Unternehmen, die kein eigenes Retail betreiben. Da kommt einiges zusammen, das uns weiterhin von dem einen oder anderen Wettbewerber unterscheidet.

Wenn Sie sagen, dass Sie beide keine Unternehmen sind, die Retail betreiben: Das gilt aber nur für Deutschland, oder sind wir da falsch informiert?
Das gilt für Deutschland. Und es gibt keine Pläne, dies zu ändern.

Herr Honsig, wir danken Ihnen für das Gespräch. 

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