60 Jahre Bundesverband der Hörgeräteindustrie

Gleich mehrere Vereine, Verbände und Akustikunternehmen können in diesem Jahr auf ein erfolgreiches Bestehen von mindestens 50 Jahren zurückblicken. Nach EUHA, BIHA und FGH kann nun auch der BVHI einen runden Geburtstag feiern.

Veröffentlicht am 08 November 2016

60 Jahre Bundesverband der Hörgeräteindustrie

Die technische Entwicklung und der Markt für Hörgeräte machten in Deutschland und Europa ab 1950 eine rasante Entwicklung durch. Mit dem Wachstum des Marktes entstanden mehrere Interessenvertretungen, die mittlerweile auf eine lange Tradition stolz sein können. Die Europäische Union der Hörgeräteakustiker (EUHA) feierte schon vor sechs Jahren ihr 50-jähriges Bestehen, die Bundesinnung der Hörgeräteakustiker (BIHA) folgte in diesem Jahr mit 50 Jahren, die Fördergemeinschaft Gutes Hören (FGH) ebenfalls mit 50 Jahren, und den vorläufigen Schlusspunkt setzt nun der Bundesverband der Hörgeräteindustrie (BVHI) mit 60 Jahren. Im nächsten Jahr wird noch der Europäische Dachverband der Hörakustiker (AEA) mit seinem 50. Geburtstag folgen.

Seit 60 Jahren gibt es eine Interessenvertretung der Hörgeräteindustrie in Deutschland. Sie wurde 1956 zunächst für zwei Jahre informell ohne Vorsitzenden gegründet. Man traf sich in unregelmäßigen Abständen und besprach die allgemeine Marktentwicklung. Ab 1958 wurde die lockere Gesprächsrunde unter der Nummer 18 offiziell zu einer der 25 Fachabteilungen im Zentralverband der Deutschen Elektrotechnischen Industrie (ZVEI). Sie nannte sich von da an: „Fachabteilung Hörgeräte und Audiometer“. Ihr gehörten die zehn Firmen Philips, Atlas-Werke, Bosch, Hansaton, Aditone, Ollmann, Wendton, Phonak, Willco und Viennatone an.

Zweck der Fachabteilung war nicht nur das Sammeln und Auswerten von Marktdaten, der fachliche Austausch und die Meinungsbildung unter den Mitgliedern im Hinblick auf gemeinsame Probleme, sondern auch die Interessenvertretung gegenüber den Hörakustikern und die Entsendung von Delegierten in Institutionen, die von der Hörgeräteindustrie unterstützt wurden. Eine Interessenvertretung gegenüber den Krankenkassen und Ärzten war nicht vorgesehen, da die Industrie sich nur als Lieferant der Hörakustiker verstand und direkte Gespräche mit Ärzten und Kostenträgern weder erwünscht noch sinnvoll waren. Einig war sich die Fachabteilung schon 1960 darüber, dass Herstellung und Vertrieb von Hörgeräten getrennt bleiben müssen. Die Hersteller wollten sich darauf konzentrieren, Hörgeräte zu entwickeln und zu produzieren. Die Dienstleistung am Endkunden sollte auf Dauer die Aufgabe eines Berufsstandes werden, der gerade dabei war, sich zu formieren. 1989 schließlich ging man noch weiter und war nicht mehr bereit, die Erprobung von Hörgeräten an Patienten durch die Ärzte an den HNO-Kliniken zu fördern und zog deshalb sämtlich Leihgeräte von den Kliniken ab.

Eine weitere Aufgabe der Fachabteilung war die statistische Erfassung der anonymisierten Verkaufszahlen und Umsätze, insgesamt und pro Bauart, die es jedem einzelnen Hersteller ermöglichte, seinen eigenen Marktanteil auszurechnen und die eigenen Preise mit den Durchschnittspreisen am Markt zu vergleichen. 2007 wird dem VHI dieses Meldesystem vom Bundeskartellamt in Teilen untersagt, weil es befürchtete, das System fördere die Monopolbildung in der Hörgeräteindustrie. Seitdem dürfen die Verkaufszahlen der einzelnen Hersteller nur noch mit dreimonatiger Verspätung gemeldet werden, die Umsätze und ihre Spezifizierung nach Bauarten gar nicht mehr.

Die Mitglieder der Fachabteilung trafen sich jedes Quartal in Frankfurt im Hauptsitz des ZVEI und während des Vorsitzes von Dipl.-Ing. Ingo Döscher auch in Hamburg bei Philips. Der Vorsitz wechselte meistens zwischen Siemens und Philips, weil nur diese beiden Firmen organisatorisch in der Lage waren, die ehrenamtliche Arbeit des Vorsitzes zu übernehmen. Die Fachabteilung hieß seit 1997 nur noch „Fachabteilung für Hörgeräte“, da die Audiometer-Hersteller zu einer anderen Fachabteilung gewechselt waren.

1987 schlossen sich die Mitglieder der Fachabteilung aus formalen Gründen zur „Vereinigung der Hörgeräte-Industrie“ (VHI) zusammen, um Gesellschafter in der „Fördergemeinschaft Gutes Hören“ (FGH) werden zu können. Andernfalls hätte jede einzelne Herstellerfirma als Gesellschafter auftreten müssen. Der VHI war über 34 Jahre Förderer der FGH (1966 bis 2000) und 13 Jahre ihr Gesellschafter (1987 bis 2000). Danach ging der VHI mit dem „Forum Besser Hören“ (2000 bis 2010) eigene Wege. Lang war auch die Zusammenarbeit mit dem Innocentia Verlag und der HNO-Zeitschrift „Otology“. Sie währte von 2001 bis 2014. Nicht zu vergessen ist natürlich die Verantwortung für die jährliche Industrieausstellung auf dem Internationalen Hörgeräteakustiker-Kongress der EUHA. Andere Aktivitäten wie die Teilnahme an der IFA (2011 bis 2013), die Verleihung des „Hörerlebnispreises“ (Der goldene „Helix“) an Prominente und die Kooperationsabende auf den HNO-Fortbildungsveranstaltungen (zusammen mit der FGH) wurden nicht weitergeführt.

Heute sind 13 Hörgerätehersteller Mitglied im BVHI: Audifon, Audio Service, Bernafon, Audia Akustik, ReSound, Hansaton, Starkey, Interton, Oticon, Phonak, Sivantos, Unitron und Widex. Vorsitzender des Vorstandes ist Dr. Stefan Zimmer, die Vorstände sind Torben Lindø (Oticon), Johannes Fischer (Hansaton), Bernd von Polheim (Resound).

Die Vorsitzenden der Fachabteilung Hörgeräte und Audiometer  

1958-1959:   Ingwert Ingwertsen (Philips)
1959-1960:   Otto Hassler (Willco)
1960-1961:   Dr. Walter Grandjot (Atlas-Werke)
1962-1968:   Wilhelm Schimmelpfennig (Philips)
1969-1983:   Kurt-Erich Döll (Siemens)
1983-1992:   Ingo Döscher (Philips)
1993-1996:   Helmut Lebisch (Siemens)
1997-2004:   Gerhard Hillig (Micro-technic)
2005:          Stefan Paurat  (unabhängig)
2006:          Raimund Ernst (unabhängig)
2007-2014:   Hans-Peter Bursig (ZVEI)
2015-dato:    Dr. Stefan Zimmer (unabhängig)
Geschäftsführerin von 1987-2013: Inge Steinl

Preisträger des Hörerlebnispreises„Helix“

Udo Jürgens                (2002)
Mario Adorf                  (2003)
Anna Maria Kaufmann   (2004)
Iris Berben                    (2005)
Xavier Naidoo              (2006)
PUR                             (2007)
Roger Cicero                (2008)

Unvergessene Entwicklungsingenieure

Die Leistungen der Hörgeräte-Industrie und ihr Anteil an der Rehabilitation von Schwerhörigkeiten können nicht gewürdigt werden, ohne an ihre Entwicklungs-Ingenieure und leidenschaftlichen Tüftler, vor allem der Aufbaujahre nach dem Krieg, zu erinnern. Viele technische Details, die heute selbstverständlich sind, haben sie erdacht: Hugh S. Knowles (Knowles), Bruno Ollmann (Ollmann), Berend de Boer (Philips), Hans Bergenstoff (Danavox), Nikolai Bisgaard, Charlotte Jespersen (GN Resound) Dr. Werner Güttner, Clemens Starke, Karlo Pasemann, Dr. Josef Chalupper (Siemens), Johannes Wittkowski (Willco), Fred J. Stork (Unitron), Alfred Blatter, Beda Diethelm, Dr. Stefan Launer  (Phonak), Heinz Rüegg und Serge Meyer (Rexton), Poul Erik Lyregaard und Ole Berland (Oticon), Albert Eggert (Bosch), Hans Herbert Türk (Interton), Fritz Hüber (Viennatone), Christian Tøpholm und sein Sohn Jan Tøpholm (Widex), Dr. Mead C. Killion (Etymotic Research), Hans Gfeller (Bernafon), Henning Bruckhoff (Bruckhoff & Partner), Horst-Peter Hühne (Audio Service), Günter Pausch (Sivantos), Brent Edwards (Starkey).